Alles für meinen Vater

Schlichtweg begeistert hat mich der Film "Alles für meinen Vater" von Dror Zahavi. Die deutsch-israelische Produktion wurde bereits vor ihrem offiziellen Start in der Bundesrepublik während der noch andauernden Mittelmeerfilmtage im Innenhof der Nürnberger Stadtbibliothek gezeigt (siehe hier). Mit diesem Film gelang es den Filmemachern, die so problematische Thematik des Nahost-Konflikts in eine teils skurrile, teils witzige, vor allem aber eine unter die Haut gehende Geschichte zu verpacken. Sie handelt von dem Palästinenser Tarek, der sich, um die Ehre seiner Familie zu retten, von einer palästinensischen Untergrundorganisation als Selbstmordattentäter anheuern lässt. Ausgerüstet mit einem Sprengstoffgürtel macht er sich auf den Weg nach Tel Aviv, wo er an einem Freitag Nachmittag auf einem stark bevölkerten Markt den Sprengsatz zünden soll. Der junge Tarek wird offensichtlich gebeutelt von einem Gefühlscocktail aus Todesangst und Entschlossenheit. Tarek drückt jedoch im entscheidenden Moment auf einen defekten Auslöser. Der jüdische Elektriker Katz erklärt sich bereit, bis Sonntag (da ja am nächsten Tag Sabbath ist) einen neuen Schalter zu besorgen - der wie ein gewöhnlicher, etwas veralteter Lichtschalter aussieht, also keineswegs einen Verdacht auslöst. Derweil sitzt die palästinensische Terrorgruppe Tarek im Nacken, die aus Sorge, Tarek könnte kneifen, wiederholt anruft, um sich von Tareks Standhaftigkeit zu überzeugen und Druck auf ihn auszuüben. Das Klingeln des Handys ist jedesmal ein Schreckmoment, da der Sprengsatz im "Notfall" auch über ein zweites Handy, das mit dem Sprenggürtel verbunden ist, ferngezündet werden kann. Während der zwei Tage bis zum Eintreffen des Ersatzschalters in Katz' Elektrowerkstatt erlebt Tarek allerhand. Zunächst kommt er im rechten Moment in die Küche der Familie Katz und kann Frau Katz daran hindern, sich das Leben zu nehmen. In gewisser Weise retten die beiden einander das Leben. Tarek verliebt sich außerdem in die Kioskbesitzerin Keren, die er gegen ihre fanatischen jüdisch-orthodoxen Cousins verteidigt. In Mitten seiner "Feinde" entdeckt Tarek das Leben neu und man darf vermuten, dass er, wenn es denn möglich wäre, seine Terrormission nicht mehr ausführen wollte.


Kinoleinwand im Innenhof der Nürnberger Stadtbibliothek. Die Szene zeigt Katz in seiner Elektrowerkstatt.

Die Art und Weise, wie der Film Palästinenser und Juden darstellt, ist sehr gerecht. In keinem Augenblick wird Partei ergriffen, vielmehr werden sowohl fanatische und fundamentalistische als auch menschliche und liebenswerte Facetten der beiden Volksgruppen gezeigt. Die Hauptpersonen Tarek und Keren stehen gleichermaßen im Spannungsfeld der Erwartungen ihrer Eltern und der eigenen Lebensentwürfe (wobei man bei Tarek eher von einem Todesentwurf sprechen sollte). Der Film enthält außerdem viele versteckte und offene Hinweise auf verschiedenste Dinge, die sich zum Teil erst bei genauem Hinsehen erschließen, wie z. B. auf Katz' Vergangenheit. So sieht man, dass Katz auf dem Arm eine eintätowierte Nummer trägt, er und seine Frau erzählen von ihrer Zeit in Bulgarien, immer wieder werden jiddische Worte in die Dialoge eingeflochten, Katz nennt seine Frau zärtlich "Mamale" - im Kontext der hebräischen Sprache (der Film wurde in Originalsprache mit Untertiteln gezeigt) bekommt das eine ganz besondere Anmutung. Besonders lieb gewinnt man Tareks Mutter, die sich um ihren Sohn sorgt und während der wenigen Telefonate Tarek auffordert, auf sich aufzupassen und so bald wie möglich nach Hause zu kommen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen